Lyrik Book 8




GEDICHTBAND 8




SOMMERERLÖSCHEN







Früh
der helle, klare Schein
zeichnet
unbestochen

zerfließen Farben
dämmern warm
zu weichen Konturen
der Nacht

dazwischen
Dunst
trübselige Bilder
im sandigen Flirren

Brücken im Nebel
überqueren
den ewigen Fluss



03 / 04.02
 IK









stecke
meinen Kopf
aus dem Regen

in den Ozean
gleich
einer Wüste

ich segle

dahin

wo alle
duftende Ufer
Ferne bleiben

die Dschungel
mich nicht
in ihren Blättermeeren
ertränken

frei bin
ich



24 / 04.02
 IK








Fee Morgaine
teilte
vor mir
die Nebel
von Avalon

sah
goldene Zinnen
silberne Türme
und Perlen
schwärzer noch
als
mein Tag

sie
schaute nur
nach
jungen Widdern
mit
gedrechseltem Horn

ich sank
ich ertrank
vor Avalon

nimm
nicht den Schein
Fee Morgaine
wähle
den
lautlosen Schrei



26 / 06.02
 IK








was
bin
ich
suche
ein
Gleiches



29 / 06.02
 IK








von Avalon
reden
eh
all jene Tränen
geweint

hieße,
Morgaine,
die
Nebel
zu lichten

und
nichts
zu erblicken



31 / 06.02
 IK









wenn die
Morgen
kein Schauern erzwingen
Tau nicht
zwischen den Zehen
glänzt

Liebe
an der Haut
abtropft

oder
Sirenen
bloß am Winde
rühren

und Abendrot
dem Einhalt
flieht

will ich sterben
gehen

und der Tod darf kommen



28 / 08.02
 IK








Paris


drei Frauen
Mädchen noch
schwimmen durch meinen Bauch
ich ertrinke
in fordernden Blicken
blitzender Augen

auf meinen Wangen
brennen Feuer
glutrote
Flecken
durch nasses Haar
schau ich irre
in
wilde wie junge Gesichte

eine schlanke Hübsche
knabenhaft keck
belauert
die samtene Katze
vorm Fuß
der stolzierenden Königin

schwimmt:
aus meinem Bauch
aus meinem Herzen
nicht
aus meinem fiebrigen Kopf

ein Kuss
wohl zu wenig
mehr
sicher zu viel

Schauen bleibt mir
hilfloses Flehen



22 / 08.02
 IK








nach den tosenden
Tagen
tauchen düstere
Fragen
auf
aus der Flut
dabei galt doch als
erzener Guss
was bisher
in fluss
war.



22 / 08.02
 IK








 Sommererlöschen


ein paar Tage
noch
glimmt
unter Nebeln und Schleiern
sengender
Hitze
nach

Sonnenstrahlen
fallen
als Farbblättertropfen
ins
silberne Netz

bevor noch
das Blau
über weißen Feldern
erfriert
heb'
ich ihn auf

den Sommer



10 / 09.02
 IK








im goldenen Schlaf
die Sonne
finden
da
schon
das innere Echo
dem hellichten
Tage
fehlt

oh
ich brauch'
diesen Tanz
auf
der Klinge
Facetten
so erloschen und kühl
wie
rotglühend heiß

hintenan
fällt
zerschnitten
der Schatten
schwarz
oder
weiß
zu beiden Seiten



17 / 09.02
 IK








Ein Tag in der Hölle


I


mir ist kalt
so furchtbar kalt

durch alle
Adern
fließt erstarrtes Glas
spiegelt
meinen Geist
zu
Tode

schneid
meine Kehle
durch - ich will nicht reden
stich
mir die Augen
aus - ich will nicht sehen
reiß mir
ab
Ohren, Mund und Nase

mir ist so kalt
unendlich kalt

Eiskristalle
schneiden
leere Augenhöhlen
suchen das
erloschen Licht









II


sitze im Hirn
und zähle die Gedanken

schau hinab
durch eisblaue Illusionen

trau mich nicht
von diesem Horst

den Ikarus die Sonne brennt

wollte doch lodern
nicht erfrieren



29. 09. / 15.10.2002
IK








Auf der Schwelle...


I. auf dem Knüppeldamm
stolpern
die Füße mehr
als dass sie gehn
zum Firmament

dort draußen
verwehn alle Worte
doch gebrochene Flügel
tragen noch

und in die Niederungen
unter
neblige Wiesen
fallen die Splitter
elender Gedanken
auf
faulig hölzerne Lieben



II. weiße Lichter
führen zum Tunnel
kein Schmerz
folgt mehr dem Wanderer
weder im Geiste
noch im Gewand

und auf der Schwelle
tanzt
was vorher
nur ein Hampeln war

alles Gestotter
wird
eingetauscht in ein Singen
alle Hässlichkeit
in feinen Schein

das Auge der Eule
durchdringt alles Blinde
Fackeln zerfressen
die Dunkelheit

und dann
fliegen alle Zweifel
auf
zur einen Idee



27 / 10. 02
IK








As time goes by...


Genieße
sie wird immer schneller sein
Momente, Augenblicke- alles flieht dahin
bis sie dann verloren sind
Nichts ist ewig, nichts bleibt immer
Träume, Ziele und Vertrauen
alles schwelgt in zeitlosen Bahnen,
bis man merkt
die Zeit ist um



Lydia Karwath
12 / 10. 2002








hinter Sonnenbergen
unter
gelben Fluten
toben Gewitterfronten

am andern Ende
ziehen
Gestade
das Meerestuch hinweg

allein die Zeiten treiben weiter

zwei Augenblicke
sind
zurückgeblieben

sie zögern noch
verweilen
bleiben
verharren gar im Schauen

doch ist die Zeit erst fort gezogen

welkt alles das
was bleibt
so rasend schnell dahin



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








flieh’ mir
oh’ Nacht
meine
Träume
töten das Dunkel

im Regen
die Bänder
der sinnlichen Winde

wehen davon

bewegen
im Kreise sich
und wirbeln durcheinander
Tod und
Entrinnen

kein Mond hilft



03 / 06. 03 (Tahiti)
IK








Morgen ist Morgen
ein Tag nur
der geht

an den Sternen
hängen
die Wolken

irgendwo da oben

irgendwo da draußen

schlagen Wellen
an

tropfen sacht
in
meinen Tag



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








Auf schmalem Grat



ruhig schläft
die See
im Regen

Schäume schauen zu

schlingert doch ein Boot
im Regen
lass’ es balancieren

zwischen Sturm
und
wundersam



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








türkis
am Grunde
schlängeln sich Mondstrahlen
ewig
abwärts am Tau
zu wiegenden Anemonen

flüstern und täuschen die Farben
glucksen: soll es so sein
oder nicht -
was ficht uns an
das Gerede?

im Sande
verlaufen sich Spuren aus Eis
gefroren zu erbärmlichem Blöken

türkise Mondstrahlen
schneiden
ins Fleisch



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








Kauri


Fackeln brennen
den Horden Asche aufs Haupt

ohne Geleit
mit dem Boot
hinaus
am Wolkenende zu holen
den silbrigen Streif

sie schneiden Fanale ins Herz
tätowieren das Hirn

Haifischzähne
schreiben
das Stigma auf endlose Rollen

gewaltige Hörner und Muscheln
rufen den Tag
aus
erleuchteter Nacht

fürs wahre Gesicht



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








Lagunen
streben zum Meere

dahinter flieht
der übersättigten Leere
das Ringen ums Sein:

im Wortsinn die Pein



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








Wandel um das Gebet farbloser Götter
In den Schwur sichtbarer Gläubiger



06 / 06. 03 (Tahiti)
 IK








Paradiese liegen
hinter den Höllen

durchs Fegefeuer
schreiten die Auserwählten

den Blick im Himmel
Schmerzen im Leib

wähnt nicht der Asket
in der
Entsagung
sein Glück?

schreit nicht die Geißel
mit jedem Peitschenhieb
nach
Erlösung?

oder hofft nur das Leiden
sich Glück
zu verdienen?

Mitleid
heißt die schlimmste Qual
hier auf
Erden



03 / 07. 03
 IK








In mir


unter
den Bäumen
im Regen
zu lauschen
Blättern
im freien Fall


Blicke in Tropfen
folgen
dem Spiegel

so zersprungen
so blind

wohin nur
wohin?



30 / 07. 03
 IK








Der Weg


alle Jahre durchschritten
alle Tage gegangen
jede Stunde gefressen
jede Minuten verzehrt

ein Fuß
vor den anderen
Schritt ohne Pause
verdammt - was bleibt
sind elende Gedanken
wo Bilder
erleuchten sollten

was erwartet mich
nach der
vorletzten Biegung?

die Umkehr verweht
eine Sanduhr
in Dünen

Körner um Korn
 zerronnen
keines wird fehlen
mir
ob schartig ob rund

ich folge der Spur
bereits gelegt
von mir



10 / 08. 03
 IK








in grauen Nächten
tanzt

mein Schrei
auf der Bühne

die Reihen glänzen

leere
Träume

glänzen
tränenreich

Seide raschelt
und
ich gehe.



05 / 12. 03
 IK








bring ihnen
Blumen

gestohlen  vom Wind

Augen zu hören
auf leisen Sohlen

Fohlen
galoppieren auf Wolken

in die Finger schneiden
Wunden

rostige Rosen.



05 / 12. 03
 IK








waten
Füße
in
den Schlämmen

aus zähem Gestein

am Heute
hängt
der goldene Schein

wirf Schlamm
nach dem Morgen

schmutzige Füße
folgen
ihm nach.



05 / 12. 03
 IK








treibe weiter
Horizonte
zählen hier nichts

am Ufer tobt
Pest
auf den Hügeln
ein Feuer

Sonnen
im Rauch

im Meer tanzen
Bäume

weiter nur
blicken
trübselige Augen.



05 / 12. 03
 IK






Römische Nacht


auf den Foren
wandeln
in
flüssiger Nacht

nur
von Wellen
durchflutet

die schon
antike Helden
trugen

hinab
zu steigen
vom Palatin
aus sehenswerter Dunkelheit

hinein
in
erstarrte Tage



16 / 09. 03
 IK








auf den Fährten
läuft
sein Traum
hinterher der Seherin

auf den Fersen
trommeln
Schlegel
unter seinem Fuß

wo wandert mein Tag
am helllichten Tage?

unter Nächten
unter Nägeln
auf brennenden Pfaden
stirbt mein Ideal



26 / 02. 04
 IK








Die Spanische Treppe


orchideenrote Stufen
getaucht in Morgenlicht
noch dringt kein sanftes Rufen
aus dornigen Dickicht

verborgen in den Ecken
das alte schwere Tor
dort wuchern rote Hecken
werfen sich davor

Licht umflutet Steine
in ausgetreten Mulden
in diesem heilig Haine
nur Nächte Schatten dulden

die Treppe vor der Pforte
windet sich im Schmerz
Verbrechen an dem Orte
hier schlug ein tönern Terz



10 / 05. 01
 IK








silberner Troubadour
pfeif’ ihr ein Lied
doch bewahr’ sie davor
unsere Tage zu stehlen
du Dieb!



17 / 05. 01
 IK








eine Medaille hat nicht zwei, sie hat drei Seiten:
Avers, Revers - und die Prägekante:
Ja, Nein und Jein



16 / 05. 01
 IK








Entzündung


Sepsis in deinen Augen
an langen Leinen
sieh
die Irisfarben - sie laufen
aus
in zitternden Hainen

entzünde die Fahnen
am trockenen Regen
hätte nie gedacht – ihr Ahnen
es gäb’ solchen Segen

höre sie fein
der Gnade Gehör
zurück schallt – hohle Pein
ihr altes Gespür

Pupillen gelöchert zu Sieben
ficht an sie im Glanze
Skepsis - gestohlen von Dieben
aus dem Haine - das Ganze

 


11 / 05. 01
 IK








 Nibelungen


im Flussbett aus Jaspis
Gold bricht sich am Grunde
fragt die Zeit nach dem Riss
Karneole verdecken die Wunde

am Hölletore
schimmern Ketten aus Silber
gelblicher Schein reiner Opale
spiegeln den Hünen tot in den Winden

das Tor aus Erzen
am Rande der Dünen
bündelt die ewigen Schmerzen

aus geblichenen Schädeln
auf langen Stangen
schlängeln
sich züngelnd
die heiligen Schlangen



03 / 05. 01
 IK


 





*



INGO KARWATH

ORCHIDEENTOR - GEDICHTBAND ( IK 2006 )

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